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Neue Griechenland-Hilfen
„Wir sollten der Geldverschwendung nicht mehr zustimmen“

Griechenland wieder retten – und wenn ja, um welchen Preis? Oder das Land fallen lassen? Diese Fragen treiben deutsche Politiker um. Kurz vor der Abstimmung über neue Hilfen wächst der Frust über Athen.
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Die griechische Tragödie hat Deutschland wieder einmal fest im Griff. Erneut muss der Bundestag über ein weiteres Hilfspaket abstimmen. Und wieder geht es drunter und drüber bei den Parlamentariern: Ja-Sager gegen Nein-Sager, Opposition gegen Regierung. Auch innerhalb der Koalition ist die 130-Milliarden-Spritze, die am Montag im Reichstag zu Abstimmung ansteht, umstritten. Die einen wollen das klamme Mittelmeerland nicht fallen lassen, andere wiederum sehen keinen Sinn mehr darin, noch mehr Steuerzahlergeld in ein Fass ohne Boden zu werfen. Dass der Griechenland-Frust wächst, lässt sich auch daran erkenn, dass selbst ein Befürworter von neuen Hilfen, wie der finanzpolitische Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag, Klaus-Peter Flosbach, langsam die Geduld verliert.
Der CDU-Mann hält die Unterstützung des schuldengeplagten Griechenlands mit dem zweiten Hilfspaket, wie er sagt, derzeit noch für die richtige Lösung. „Die Griechen müssen aber liefern, daran führt kein Weg vorbei“, sagte Flosbach Handelsblatt Online. Entscheidend seien die konsequente Fortsetzung der Konsolidierung, die Umsetzung der bereits beschlossenen Strukturreformen und die Ingangsetzung einer strukturpolitisch orientierten Wachstumsagenda. Mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen in dem Mittelmeerstaat, ergänzte Flosbach: „Griechenland muss jetzt zu seinen Zusagen stehen und zwar unabhängig von einem möglichen Regierungswechsel.“
Die Kosten für die Steuerzahler in Deutschland durch die neuen Finanzhilfen hält der CDU-Finanzexperte für verkraftbar. „Wenn Griechenland seine Reformen umsetzt und wir Griechenland dabei unterstützen, sind die Kosten für den deutschen Steuerzahler geringer als wenn wir Griechenland pleite gehen lassen und die Kosten hierfür einschließlich der weiteren Kosten aus unabsehbaren Zweit- und Drittrundeneffekten getragen werden müssen“, sagte Flosbach.
Anders als Flosbach trommelt der Finanzexperte der FDP-Bundestagsfraktion, Frank Schäffler, massiv gegen neue Hilfen für Athen. An seine Fraktionskollegen appellierte er, dem Hilfspaket am Montag im Bundestag ihre Zustimmung zu verweigern. In einem Handelsblatt Online vorliegenden Brief an die liberalen Parlamentarier begründet Schäffler seinen Appell damit, dass Griechenland bis heute noch keine wichtigen Reformen umgesetzt, alle Wachstumserwartungen verfehlt und seine Haushaltsziele verpasst habe. „Die positiven Annahmen der Troika werden sich zum wiederholten Mal als Makulatur erweisen. Nicht erst 2020, sondern schon viel früher werden wir erneut über ein drittes oder viertes Griechenlandpaket entscheiden müssen“, schreibt Schäffler. „Besser wäre es, wenn wir der Geldverschwendung schon heute nicht mehr zustimmen.“

Koalition stellt Bedingungen für Ja zu Griechenland-Hilfe
Der Haushaltsausschuss des Bundestages befasst sich an diesem Freitag mit dem zweiten Griechenland-Paket. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will den Ausschuss informieren. Eine Abstimmung wird nicht erwartet, weil der Entschließungsantrag wegen der laufenden Verhandlungen in der Koalition noch nicht besprochen werden kann. Die Bundesregierung hatte dem Parlament am Donnerstag hunderte Blatt Papier zu den neuen Hilfen übermittelt. Die Unterlagen sind aktuelle Entwürfe vom 22. Februar. Am Tag zuvor hatte sich die Euro-Gruppe auf das zweite Rettungspaket von 130 Milliarden Euro bis 2014 geeinigt.
Schäffler, der dem Bundesvorstand der FDP angehört, hat seine Hoffnung für Griechenland längst verloren. Seine negative Prognose untermauert er mit einer Schuldentragfähigkeitsanalyse, der zufolge es unwahrscheinlich sei, dass Griechenland einen tragfähigen Schuldenstand erreichen werde. Dieser solle bei einem Schuldenstand von 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreicht sein. Doch Griechenland müsse dazu „unmögliche Voraussetzungen“ erfüllen, gibt Schäffler zu bedenken.
Als Beispiel nennt er das Ziel, Privatisierungserlöse in Höhe von 46 Milliarden Euro bis 2020 zu erreichen. „Erlöst Griechenland nur 10 Milliarden, wird die Staatsschuld auf 148 Prozent des BIP steigen“, so Schäffler. Bis zum fünften Troika-Bericht habe Griechenland nicht einmal eine halbe Milliarde Euro erlöst, gibt der FDP-Politiker zudem zu bedenken. Auch hält Schäffler die „zuversichtlichen Wachstumsraten“ für zu optimistisch. Bleibe das griechische Wachstum um ein Prozent pro Jahr hinter dem Troika-Plan zurück, werde die Schuldenquote 2020 bei 143 Prozent liegen. Wenn die Griechen zudem die ihnen aufgetragenen Reformen wie bisher nicht oder nur verzögert umsetzen könnten, dann werde die Schuldenquote 2020 bei 160 Prozent liegen.
Wie groß die Griechenland-Skepsis in der Koalition mittlerweile ist, zeigen auch die Vorarbeiten zur Bundestagsabstimmung am Montag. Nach Informationen des Handelsblatts verlangen Union und FDP von Griechenland, seine Strukturreformen umzusetzen, bevor das Land Hilfen aus dem zweiten Hilfspaket erhält. "Bevor Griechenland Unterstützung durch die Euro-Zone erhält, muss sichergestellt sein, dass Griechenland alle verabredeten Reformmaßnahmen umgesetzt hat, um das Programm wieder auf eine Erfolg versprechende Grundlage zu setzen", heißt es in einem Entwurf für den Entschließungsantrag der Regierungskoalition, den der Bundestag am Montag beschließen soll und der dem Handelsblatt vorliegt.

SPD unzufrieden mit Infos der Bundesregierung
Zunächst sei es notwendig, den Schuldenschnitt bei den Anleihen der privaten Gläubiger durchzuführen, heißt es in dem Antrag. Dies werde bis zu 14 Tage in Anspruch nehmen. Dem Hilfspaket stimme der Bundestag nur unter der Maßgabe zu, dass eine "ausreichende Teilnahmequote am Schuldenschnitt" erreicht werde. "Nach dem Ende der Umtauschphase mit den privaten Gläubigern wird die Bundesregierung dem Haushalts­aus­schuss des Deutschen Bundestages unverzüglich berichten", steht in dem Antrag.
"Parallel zum laufenden Umtauschprozess muss Griechenland unter Beweis stellen, dass es seine Reformen tatsächlich umsetzt", heißt es weiter. Dazu gehörten etwa die Haushaltskonsolidierung, eine Rentenreform sowie die Regulierung des Finanzsektors. Unter dieser Maßgabe sei der Bundestag bereit, dem Hilfspaket mit einem Volumen von 130 Milliarden Euro zuzustimmen. "Hinzu kommen 24,4 Milliarden Euro, die unter dem ersten Programm für Griechenland nicht ausgeschöpft wurden", heißt es weiter. Die SPD hatte kritisiert, dass Mittel aus dem ersten Programm überführt und nicht an die einzahlenden Mitgliedsstaaten zurückgezahlt werden. Die SPD sprach von 35 Milliarden Euro, die künftig ebenfalls durch den Rettungsfonds EFSF ausgereicht werden sollten.
SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann kritisiert zudem die Informationspolitik der Bundesregierung. „Die SPD will Griechenland unterstützen. Aber dafür, dass der Bundestag bereits am Montag eine verantwortliche Entscheidung treffen soll, sehe ich noch jede Menge Unklarheiten“, sagte Oppermann dem Handelsblatt. Zwar habe die Bundesregierung dem Bundestag heute hunderte Blatt Papier übersandt. Es fehlten aber noch grundlegende Informationen. „So ist immer noch unklar, worüber der Bundestag am Montag eigentlich abstimmen soll“, sagte Oppermann.
Zudem könne die Bundesregierung noch nicht einmal erklären, wie sich die 130 Mrd. Euro für Griechenland überhaupt zusammensetzten. „Angela Merkel und Wolfgang Schäuble müssen bis Montag noch einige Überzeugungs- und Aufklärungsarbeit leisten“, sagte Oppermann. „Die kritischen Töne in der Koalition sind ja auch kaum zu überhören.“

Friedrich Merz zweifelt am Sinn neuer Hilfen
Dazu passt, dass der frühere Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Friedrich Merz (CDU), am Sinn weiterer Griechenland-Hilfen zweifelt. "Die Frage muss erlaubt sein, ob immer neue Hilfspakete das Problem lösen", schreibt der heutige Anwalt in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt. Solange unklar bleibe, ob und in welchem Umfang die privaten Gläubiger zur Lösung des Verschuldungsproblems herangezogen würden, solange das Land aus der Rezession nicht herausfinde und eine wettbewerbsfähige Industrie nicht in Sicht sei, werde das zweite Hilfspaket für Griechenland nicht das letzte sein.
"In der Abwägung zwischen fortgesetzten Rettungspaketen und einer Erklärung der Zahlungsunfähigkeit durch die griechische Regierung stehen sich zwei denkbare Alternativen gegenüber: Schrecken ohne Ende oder Ende mit Schrecken", schreibt Merz. Man müsse wie bei den Umschuldungen in den 90-er Jahren darüber nachdenken, ob es nicht besser sei, wenn ein überschuldeter Staat sich für zahlungsunfähig erkläre, um dann mit öffentlichen und privaten Gläubigern eine maßgeschneiderte Rückkehr zur Solvenz auszuhandeln.
CDU-Finanzexperte Flosbach sieht derweil die kritische Stimmung gegen Griechenland gelassen. „Ich gehe von einer Mehrheit aus“, sagte Flosbach mit Blick auf die am Montag anstehende Bundestagsabstimmung. Deutschland verdanke seinen Wohlstand dem Euro, gab der Christdemokrat zu bedenken. Die Euro-Zone stehe für 40 Prozent der deutschen Ein- und Ausfuhren. Deutschland profitiere vom Euro, weil er für Wachstum und Arbeitsplätze sorgt. „Daher werde ich zustimmen“, so Flosbach.

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