USA: Finanzkrise ab 2007
Finanzkrise 2007/2008
Die Finanzkrise 2007/2008 ist eine Bank- und Finanzkrise, die im Frühsommer 2007 mit der Subprimekrise (im deutschsprachigen Raum auch als US-Immobilienkrise bezeichnet) begann. Die Subprimekrise äußerte sich weltweit in einer Reihe von erlittenen Verlusten und Insolvenzen bei Unternehmen der Finanzbranche (so genannten Finanzintermediären); dies wurde dadurch ausgelöst, dass die zuvor steigenden Immobilienpreise in den USA, die sich inzwischen zu einer Immobilienblase entwickelt hatten, stagnierten und gebietsweise fielen; gleichzeitig konnten immer mehr Kreditnehmer ihre Kreditraten nicht mehr bedienen, teils wegen steigender Zinsen, teils wegen fehlender Einkommen. Die entsprechenden Immobilienbanken hatten die Risiken der Immobilienkredite zum guten Teil in Form von Wertpapieren an andere Finanzinstitute weltweit weitergegeben; diese Wertpapiere waren zunächst von Rating-Agenturen (irrtümlich oder absichtlich) als mit geringem Risiko behaftet bewertet worden. Im Verlaufe der Immobilienkrise wurden die Papiere jedoch zunehmend schlechter bewertet, was zu entsprechenden Verlusten in den Bilanzen der Banken, die diese Papiere besaßen, führte.
Zunächst waren von den Problemen im US-Immobilienbereich in erster Linie Subprime-Kredite betroffen, also Kredite, die überwiegend an Kreditnehmer mit geringer Bonität vergeben wurden. Die US-amerikanische Federal Reserve stellte hierzu im November 2007 weitere rund 40 Milliarden US-Dollar zur Verfügung – die größte Geldmarktintervention seit September 2001.
Die Subprimekrise gilt als Auslöser der bis ins Jahr 2008 anhaltenden weltweiten Finanzkrise. Im Februar 2008 wurde in den USA das US-Konjunkturprogramm 2008 („Economic Stimulus Act of 2008“) als Gesetz verabschiedet, um einem drohenden Abschwung konjunkturpolitisch entgegenzuwirken. Im September 2008 spricht der Internationale Währungsfonds von Verlusten für das Finanzsystem von insgesamt schätzungsweise 1,3 Billionen (1300 Milliarden) US-Dollar, wovon ein Teil inzwischen durch Abschreibungen und Kapitalerhöhungen abgewickelt sei.
Eine Ausgangsbedingung für die Finanzkrise war der niedrige US-Leitzins. Im Juni 2003 wurde die Federal Funds Rate auf 1 % abgesenkt, um die amerikanische Wirtschaft zu stabilisieren.[4] Dazu kommt, dass die Exportüberschüsse gegenüber den USA durch Kapital finanziert wurden, das auf dem US-Kapitalmarkt angelegt wurde, was die Zinssätze in den USA niedrig hielt. So legte China seine Erlöse aus seinem Exportüberschuss in den USA in Staatspapieren an, was die Effektivverzinsung von Staatspapieren drückte. Ein Anlagenotstand in Form von „relativ spärlicher werdenden Realinvestitionen“ trieb ebenfalls die Kurse nach oben und die Effektivverzinsung nach unten.
Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) stellt in ihrem Jahresbericht vom Juni 2008 fest, dass die Zentralbanken in den fortgeschrittenen Ländern angesichts ungewöhnlich niedriger Inflationsraten sehr lange die Leitzinsen niedrig hielten. Diese Politik niedriger Zinsen wurde in den USA auch damit begründet, dass eine Deflation die inzwischen hoch verschuldeten Haushalte und Unternehmen stark belasten würde. Vor dem Hintergrund der aktuellen Finanzkrise schreibt dazu die BIZ: „Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Abbau der Kreditblase nach einer vorübergehend höheren Inflation in eine Deflation mündet, die – insbesondere angesichts des hohen nominalen Ausgangsniveaus an Schulden – schwer zu bewältigen sein könnte. Aufgrund derartiger Überlegungen machen sich nicht zuletzt in den USA manche für einen besonders energischen Einsatz der geldpolitischen Lockerung als ‚Versicherung‘ gegen eine solche wenig wahrscheinliche, aber sehr kostspielige Entwicklung stark.“
Die niedrigen Zinsen hätten nicht, wie theoretisch zu erwarten zu einer Abwertung der Währungen dieser fortgeschrittenen Länder geführt, weil die „aufstrebenden Volkswirtschaften“ gegen eine Aufwertung ihrer Währungen intervenierten. Zusammen mit Finanzmarktinnovationen hätte dies zu den hohen Vermögenspreisen geführt, die schließlich einbrachen.
Wegen des niedrigen Zinsniveaus konnten sich nun auch untere Einkommensschichten ein Eigenheim leisten. Ermutigt durch die Politik vergaben US-Banken Kredite mit variablem Zinssatz an Schuldner mit mäßiger Bonität. Wegen des niedrigen Zinsniveaus waren die Raten zunächst niedrig. Das Risiko einer Zinserhöhung lag bei den Schuldnern, denen dies häufig nicht bewusst war.
Wegen der steigenden Nachfrage nach Immobilien stiegen die Immobilienpreise und somit auch der Wert von Immobilien als Kreditsicherheiten. Die Banken nutzten diese Entwicklung, um den Schuldnern Zusatzkredite zu verkaufen. Darüber hinaus wurden Kredite an Kunden mit schlechter Bonität vergeben. Bei stetig steigenden Immobilienpreisen kann im Falle einer Zahlungsunfähigkeit die Immobilie zu einem höheren Marktwert verkauft werden. Somit waren die Banken bei positiver Entwicklung des Marktes abgesichert und Schuldner glaubten daran, im Notfall ihr Haus mit Gewinn weiterverkaufen zu können. Einige Banken spezialisierten sich auf zweitklassige Hypothekenkredite (Subprime Loans).
Um das notwendige Kapital für immer neue Kredite zu beschaffen, wurden Kreditforderungen in großem Stil an andere Banken und Investoren weiterverkauft. Der spätere Anstieg der Leitzinsen auf bis zu 5,25 % im Juni 2006 löste eine Kettenreaktion aus. Einkommensschwache Schuldner konnten die gestiegenen Raten für ihre variabel verzinslichen Kredite nicht mehr bezahlen und mussten ihr Haus verkaufen. Wegen der zunehmenden Immobilienverkäufe brachen die Preise ein und durch den fallenden Wert der Immobilien hatten die Banken zunehmend unbesicherte Kreditforderungen. Die Zahlungsunfähigkeit von Schuldnern bescherte den Banken und den Investoren nun echte Verluste.
Im Frühjahr 2007 erreichten in den Vereinigten Staaten die Zahlungsausfälle auf Subprime-Kredite den höchsten Stand der letzten Jahre, verursacht durch kontinuierliche Zinserhöhungen bei gleichzeitig stetigem Verfall der dortigen Immobilienpreise. Dutzende Baufinanzierer, die sich gerade auf diese Kredite spezialisiert hatten, mussten Gläubigerschutz beantragen. Weiterreichende Auswirkungen ergaben sich dadurch, dass die Subprime-Kredite über strukturierte Anlageformen im Kapitalmarkt refinanziert wurden. Die Hauskredite, d. h. die Rückzahlungs- und Zinszahlungsansprüche gegen die Schuldner, wurden als Wertpapier verbrieft und als forderungsbesichertes Wertpapier verkauft. Aufkäufer waren vielfach Fonds, Versicherungen und andere Banken. Unter den Fonds waren nicht nur risikobereite Hedgefonds, sondern auch eher konservative Investmentfonds vertreten. Da aber insbesondere Hedgefonds stark in die stärker risikobehafteten Wertpapiertranchen investierten, kam es bei diesen zu erheblichen Verlusten, die teilweise zur Schließung und Abwicklung der Hedgefonds führten. Aber auch Investmentbanken selbst waren betroffen.
Die Schließung von Hedgefonds und die Verluste bei den Investmentbanken führten zu einer Abnahme der Risikobereitschaft privater und institutioneller Anleger. Diese zogen nun in kurzer Zeit erhebliche Beträge aus dem Kapitalmarkt ab oder hielten sich mit neuen Investitionen in risikoreiche Anlagen zurück. Der durch die Krise ausgelöste hohe Liquiditätsbedarf spiegelte sich am Geldmarkt durch einen Anstieg der Geldmarktzinsen wider. Die steigenden Geldmarktzinsen und die abnehmende Risikobereitschaft der Investoren brachte die Refinanzierung der von Banken gesponserten Conduits und Structured Investment Vehicles durch Asset-backed Commercial Papers (ABCP) zum Stillstand. Investoren waren aus Unsicherheit über die den Investmentvehikeln zugrunde liegenden Vermögensgegenstände nicht mehr bereit, ABCP jedweder Art zu kaufen. Dies führte dazu, dass Banken, welche meist zu 100 % diese Investmentvehikel sponserten, Liquidität für diese bereitstellen mussten. Daraufhin waren Banken auch untereinander nicht mehr bereit, die vorher im großen Maße ausgereichten Liquiditätslinien an andere Banken zu verlängern beziehungsweise neu auszureichen.
Deutschland
Die Subprime-Krise in den Vereinigten Staaten und die plötzliche Illiquidität des bisher stark wachsenden Marktes mit forderungsbesicherten Wertpapieren brachten im Jahre 2007 die beiden Bankhäuser IKB Deutsche Industriebank und Sachsen LB in existenzbedrohende Krisen, da sie ihre angekauften Forderungen nicht mehr im Geldmarkt refinanzieren konnten.
Auch die im öffentlichen Besitz befindlichen BayernLB und WestLB mussten wegen derzeit fehlender Marktwerte Milliardenbelastungen verbuchen.
Auch private deutsche Banken wie die Deutsche Bank mussten Abschreibungen in erheblicher Höhe vornehmen. In Folge dessen stieg der Euribor (Geldhandel unter Banken) auf ein Zinsniveau, welches zeitweilig deutlich über den Refinanzierungssätzen der EZB lag. Die EZB steuerte dem mit einer erhöhten Liquiditätsbereitstellung auf dem Geldmarkt entgegen, indem sie den Banken über kurzfristige Refinanzierungstender bis zu 258 Mrd. € zur Verfügung stellte.
Ende September 2008 drohte der Hypo Real Estate die Insolvenz. Laut Angaben des Vorstands gab es schon über längere Zeit Gespräche mit Banken und Regierungsvertretern wegen Refinanzierungsschwierigkeiten der irischen Tochter Depfa am Interbankenmarkt. Zunächst hieß es, für Ausfälle bis 14 Milliarden Euro werde der deutsche Staat zu 40 Prozent und der Bankenverband zu 60 Prozent bürgen. Für weitere 21 Milliarden Euro bürge allein der Staat. Später wurde bekannt, dass die Hypo Real Estate einen größeren Finanzierungsbedarf habe, als zunächst angenommen. Ein erneuter Krisengipfel am 5. Oktober 2008 zwischen Bundesregierung und Finanzindustrie führte zu einer Aufstockung des Paketes um weitere 15 Milliarden Euro.
Am 7. Oktober veröffentlichen zwanzig Professoren der Universität Hohenheim den "Hohenheimer Aufruf zur Finanzkrise: Keine Wirtschaftskrise herbeireden!”.
Am 8. Oktober 2008 gab die deutsche Bundesregierung eine Garantieerklärung für die Spareinlagen in Deutschland ab. Die Garantie gilt für jedes Institut und für jeden Sparer eines Institutes, das Teil der deutschen Einlagensicherung ist.
Am 9. Oktober 2008 erklärte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, dass wegen der Unsicherheiten auf den Finanzmärkten der Börsengang der Deutschen Bahn verschoben werde.
Am 17. Oktober 2008 wurde mit der Verabschiedung des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes (FMStG) ein Fonds des Bundes unter der Bezeichnung „Finanzmarktstabilisierungsfonds“ (FMS) angelegt. Der Fonds wurde berechtigt, für Schuldtitel und Verbindlichkeiten begünstigter Unternehmen Bürgschaften bis zu einer Gesamthöhe von 400 Milliarden Euro auszusprechen. Weiterhin darf der Fond Kredite bis zu einer Höhe von 70 Milliarden Euro aufnehmen, um Beteiligungen an begünstigten Unternehmen zu erwerben sowie „problematische Vermögenswerte” zu übernehmen. Begünstigte Unternehmen im Sinne des Gesetzes sind Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute, Versicherungsunternehmen, Pensionsfonds, Kapitalanlagegesellschaften sowie Betreiber von Wertpapier- und Terminbörsen. Das insgesamt jetzt auf 500 Mrd. Euro bezifferte Bankenrettungspaket wurde am 28. Oktober 2008 von der EU-Kommission genehmigt.
Europäische Union
Die Europäische Union (Meldungen vom 16. Oktober 2008) fordert die Finanzaufsicht auf europäischer Ebene,die sie mit den Vertretern der Europäischen Zentralbank, Euro-Gruppe, EU-Kommission und EU-Präsidentschaft koordinieren will und beabsichtigt beim Treffen der 27 Staats- und Regierungschefs in Brüssel eine gemeinsame Sicherung zu installieren, um der Finanzkrise Herr zu werden.
Auswirkungen auf die Vermögenswerte
Die Unsicherheiten über Sicherheit des Finanzsystems und die sich verschlechternden Konjunkturerwartungen lösten eine Phase hoher Volatilität an den Börsenplätzen aus. Allein in der zweiten Oktoberwoche 2008 verloren die Leitindizes aller großen Börsenplätze zwischen 20 und 25 Prozent ihres Werts. Auch auf den Rohstoffmärkten kam es zu starken Preisrückgängen. Der US-Dollar gewann gegenüber anderen Währungen deutlich an Wert. Diese Effekte werden zum Teil auf bilanzverkürzende Maßnahmen seitens US-amerikanischer Finanzinstitute zurückgeführt.
Mögliche Auswirkungen auf die Realwirtschaft
In der zweiten Jahreshälfte 2008 hat sich die Finanzkrise zunehmend auf die Realwirtschaft ausgewirkt. Effekte waren zunächst in den USA, dann in Westeuropa sowie in Japan zu erkennen. Mehrere Wirtschaftsinstitute haben ihre Prognosezahlen nach unten korrigiert. Verstärkt wird die Entwicklung durch erhebliche Veränderungen der Wechselkurse. In Folge verzeichnen die Aktienkurse weltweit seit Oktober 2008 nach einem ersten Einbruch aufgrund der Finanzkrise einen zweiten starken Rückgang aus Angst vor zu befürchtenden Auswirkungen auf die Realwirtschaft. Die meisten Automobilhersteller in Europa haben bereits kurzfristige Produktionskürzungen beschlossen. Dauer und Intensität der Auswirkungen der Finanzkrise auf die weltweite Realwirtschaft lassen sich derzeit schwer einschätzen. Eine erste Einschätzung wurde am Institut für Weltwirtschaft aufgrund vorliegender Erfahrungen vorgenommen.
Die Finanzkrise 2007/2008 ist eine Bank- und Finanzkrise, die im Frühsommer 2007 mit der Subprimekrise (im deutschsprachigen Raum auch als US-Immobilienkrise bezeichnet) begann. Die Subprimekrise äußerte sich weltweit in einer Reihe von erlittenen Verlusten und Insolvenzen bei Unternehmen der Finanzbranche (so genannten Finanzintermediären); dies wurde dadurch ausgelöst, dass die zuvor steigenden Immobilienpreise in den USA, die sich inzwischen zu einer Immobilienblase entwickelt hatten, stagnierten und gebietsweise fielen; gleichzeitig konnten immer mehr Kreditnehmer ihre Kreditraten nicht mehr bedienen, teils wegen steigender Zinsen, teils wegen fehlender Einkommen. Die entsprechenden Immobilienbanken hatten die Risiken der Immobilienkredite zum guten Teil in Form von Wertpapieren an andere Finanzinstitute weltweit weitergegeben; diese Wertpapiere waren zunächst von Rating-Agenturen (irrtümlich oder absichtlich) als mit geringem Risiko behaftet bewertet worden. Im Verlaufe der Immobilienkrise wurden die Papiere jedoch zunehmend schlechter bewertet, was zu entsprechenden Verlusten in den Bilanzen der Banken, die diese Papiere besaßen, führte.
Zunächst waren von den Problemen im US-Immobilienbereich in erster Linie Subprime-Kredite betroffen, also Kredite, die überwiegend an Kreditnehmer mit geringer Bonität vergeben wurden. Die US-amerikanische Federal Reserve stellte hierzu im November 2007 weitere rund 40 Milliarden US-Dollar zur Verfügung – die größte Geldmarktintervention seit September 2001.
Die Subprimekrise gilt als Auslöser der bis ins Jahr 2008 anhaltenden weltweiten Finanzkrise. Im Februar 2008 wurde in den USA das US-Konjunkturprogramm 2008 („Economic Stimulus Act of 2008“) als Gesetz verabschiedet, um einem drohenden Abschwung konjunkturpolitisch entgegenzuwirken. Im September 2008 spricht der Internationale Währungsfonds von Verlusten für das Finanzsystem von insgesamt schätzungsweise 1,3 Billionen (1300 Milliarden) US-Dollar, wovon ein Teil inzwischen durch Abschreibungen und Kapitalerhöhungen abgewickelt sei.
Eine Ausgangsbedingung für die Finanzkrise war der niedrige US-Leitzins. Im Juni 2003 wurde die Federal Funds Rate auf 1 % abgesenkt, um die amerikanische Wirtschaft zu stabilisieren.[4] Dazu kommt, dass die Exportüberschüsse gegenüber den USA durch Kapital finanziert wurden, das auf dem US-Kapitalmarkt angelegt wurde, was die Zinssätze in den USA niedrig hielt. So legte China seine Erlöse aus seinem Exportüberschuss in den USA in Staatspapieren an, was die Effektivverzinsung von Staatspapieren drückte. Ein Anlagenotstand in Form von „relativ spärlicher werdenden Realinvestitionen“ trieb ebenfalls die Kurse nach oben und die Effektivverzinsung nach unten.
Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) stellt in ihrem Jahresbericht vom Juni 2008 fest, dass die Zentralbanken in den fortgeschrittenen Ländern angesichts ungewöhnlich niedriger Inflationsraten sehr lange die Leitzinsen niedrig hielten. Diese Politik niedriger Zinsen wurde in den USA auch damit begründet, dass eine Deflation die inzwischen hoch verschuldeten Haushalte und Unternehmen stark belasten würde. Vor dem Hintergrund der aktuellen Finanzkrise schreibt dazu die BIZ: „Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Abbau der Kreditblase nach einer vorübergehend höheren Inflation in eine Deflation mündet, die – insbesondere angesichts des hohen nominalen Ausgangsniveaus an Schulden – schwer zu bewältigen sein könnte. Aufgrund derartiger Überlegungen machen sich nicht zuletzt in den USA manche für einen besonders energischen Einsatz der geldpolitischen Lockerung als ‚Versicherung‘ gegen eine solche wenig wahrscheinliche, aber sehr kostspielige Entwicklung stark.“
Die niedrigen Zinsen hätten nicht, wie theoretisch zu erwarten zu einer Abwertung der Währungen dieser fortgeschrittenen Länder geführt, weil die „aufstrebenden Volkswirtschaften“ gegen eine Aufwertung ihrer Währungen intervenierten. Zusammen mit Finanzmarktinnovationen hätte dies zu den hohen Vermögenspreisen geführt, die schließlich einbrachen.
Wegen des niedrigen Zinsniveaus konnten sich nun auch untere Einkommensschichten ein Eigenheim leisten. Ermutigt durch die Politik vergaben US-Banken Kredite mit variablem Zinssatz an Schuldner mit mäßiger Bonität. Wegen des niedrigen Zinsniveaus waren die Raten zunächst niedrig. Das Risiko einer Zinserhöhung lag bei den Schuldnern, denen dies häufig nicht bewusst war.
Wegen der steigenden Nachfrage nach Immobilien stiegen die Immobilienpreise und somit auch der Wert von Immobilien als Kreditsicherheiten. Die Banken nutzten diese Entwicklung, um den Schuldnern Zusatzkredite zu verkaufen. Darüber hinaus wurden Kredite an Kunden mit schlechter Bonität vergeben. Bei stetig steigenden Immobilienpreisen kann im Falle einer Zahlungsunfähigkeit die Immobilie zu einem höheren Marktwert verkauft werden. Somit waren die Banken bei positiver Entwicklung des Marktes abgesichert und Schuldner glaubten daran, im Notfall ihr Haus mit Gewinn weiterverkaufen zu können. Einige Banken spezialisierten sich auf zweitklassige Hypothekenkredite (Subprime Loans).
Um das notwendige Kapital für immer neue Kredite zu beschaffen, wurden Kreditforderungen in großem Stil an andere Banken und Investoren weiterverkauft. Der spätere Anstieg der Leitzinsen auf bis zu 5,25 % im Juni 2006 löste eine Kettenreaktion aus. Einkommensschwache Schuldner konnten die gestiegenen Raten für ihre variabel verzinslichen Kredite nicht mehr bezahlen und mussten ihr Haus verkaufen. Wegen der zunehmenden Immobilienverkäufe brachen die Preise ein und durch den fallenden Wert der Immobilien hatten die Banken zunehmend unbesicherte Kreditforderungen. Die Zahlungsunfähigkeit von Schuldnern bescherte den Banken und den Investoren nun echte Verluste.
Im Frühjahr 2007 erreichten in den Vereinigten Staaten die Zahlungsausfälle auf Subprime-Kredite den höchsten Stand der letzten Jahre, verursacht durch kontinuierliche Zinserhöhungen bei gleichzeitig stetigem Verfall der dortigen Immobilienpreise. Dutzende Baufinanzierer, die sich gerade auf diese Kredite spezialisiert hatten, mussten Gläubigerschutz beantragen. Weiterreichende Auswirkungen ergaben sich dadurch, dass die Subprime-Kredite über strukturierte Anlageformen im Kapitalmarkt refinanziert wurden. Die Hauskredite, d. h. die Rückzahlungs- und Zinszahlungsansprüche gegen die Schuldner, wurden als Wertpapier verbrieft und als forderungsbesichertes Wertpapier verkauft. Aufkäufer waren vielfach Fonds, Versicherungen und andere Banken. Unter den Fonds waren nicht nur risikobereite Hedgefonds, sondern auch eher konservative Investmentfonds vertreten. Da aber insbesondere Hedgefonds stark in die stärker risikobehafteten Wertpapiertranchen investierten, kam es bei diesen zu erheblichen Verlusten, die teilweise zur Schließung und Abwicklung der Hedgefonds führten. Aber auch Investmentbanken selbst waren betroffen.
Die Schließung von Hedgefonds und die Verluste bei den Investmentbanken führten zu einer Abnahme der Risikobereitschaft privater und institutioneller Anleger. Diese zogen nun in kurzer Zeit erhebliche Beträge aus dem Kapitalmarkt ab oder hielten sich mit neuen Investitionen in risikoreiche Anlagen zurück. Der durch die Krise ausgelöste hohe Liquiditätsbedarf spiegelte sich am Geldmarkt durch einen Anstieg der Geldmarktzinsen wider. Die steigenden Geldmarktzinsen und die abnehmende Risikobereitschaft der Investoren brachte die Refinanzierung der von Banken gesponserten Conduits und Structured Investment Vehicles durch Asset-backed Commercial Papers (ABCP) zum Stillstand. Investoren waren aus Unsicherheit über die den Investmentvehikeln zugrunde liegenden Vermögensgegenstände nicht mehr bereit, ABCP jedweder Art zu kaufen. Dies führte dazu, dass Banken, welche meist zu 100 % diese Investmentvehikel sponserten, Liquidität für diese bereitstellen mussten. Daraufhin waren Banken auch untereinander nicht mehr bereit, die vorher im großen Maße ausgereichten Liquiditätslinien an andere Banken zu verlängern beziehungsweise neu auszureichen.
Deutschland
Die Subprime-Krise in den Vereinigten Staaten und die plötzliche Illiquidität des bisher stark wachsenden Marktes mit forderungsbesicherten Wertpapieren brachten im Jahre 2007 die beiden Bankhäuser IKB Deutsche Industriebank und Sachsen LB in existenzbedrohende Krisen, da sie ihre angekauften Forderungen nicht mehr im Geldmarkt refinanzieren konnten.
Auch die im öffentlichen Besitz befindlichen BayernLB und WestLB mussten wegen derzeit fehlender Marktwerte Milliardenbelastungen verbuchen.
Auch private deutsche Banken wie die Deutsche Bank mussten Abschreibungen in erheblicher Höhe vornehmen. In Folge dessen stieg der Euribor (Geldhandel unter Banken) auf ein Zinsniveau, welches zeitweilig deutlich über den Refinanzierungssätzen der EZB lag. Die EZB steuerte dem mit einer erhöhten Liquiditätsbereitstellung auf dem Geldmarkt entgegen, indem sie den Banken über kurzfristige Refinanzierungstender bis zu 258 Mrd. € zur Verfügung stellte.
Ende September 2008 drohte der Hypo Real Estate die Insolvenz. Laut Angaben des Vorstands gab es schon über längere Zeit Gespräche mit Banken und Regierungsvertretern wegen Refinanzierungsschwierigkeiten der irischen Tochter Depfa am Interbankenmarkt. Zunächst hieß es, für Ausfälle bis 14 Milliarden Euro werde der deutsche Staat zu 40 Prozent und der Bankenverband zu 60 Prozent bürgen. Für weitere 21 Milliarden Euro bürge allein der Staat. Später wurde bekannt, dass die Hypo Real Estate einen größeren Finanzierungsbedarf habe, als zunächst angenommen. Ein erneuter Krisengipfel am 5. Oktober 2008 zwischen Bundesregierung und Finanzindustrie führte zu einer Aufstockung des Paketes um weitere 15 Milliarden Euro.
Am 7. Oktober veröffentlichen zwanzig Professoren der Universität Hohenheim den "Hohenheimer Aufruf zur Finanzkrise: Keine Wirtschaftskrise herbeireden!”.
Am 8. Oktober 2008 gab die deutsche Bundesregierung eine Garantieerklärung für die Spareinlagen in Deutschland ab. Die Garantie gilt für jedes Institut und für jeden Sparer eines Institutes, das Teil der deutschen Einlagensicherung ist.
Am 9. Oktober 2008 erklärte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, dass wegen der Unsicherheiten auf den Finanzmärkten der Börsengang der Deutschen Bahn verschoben werde.
Am 17. Oktober 2008 wurde mit der Verabschiedung des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes (FMStG) ein Fonds des Bundes unter der Bezeichnung „Finanzmarktstabilisierungsfonds“ (FMS) angelegt. Der Fonds wurde berechtigt, für Schuldtitel und Verbindlichkeiten begünstigter Unternehmen Bürgschaften bis zu einer Gesamthöhe von 400 Milliarden Euro auszusprechen. Weiterhin darf der Fond Kredite bis zu einer Höhe von 70 Milliarden Euro aufnehmen, um Beteiligungen an begünstigten Unternehmen zu erwerben sowie „problematische Vermögenswerte” zu übernehmen. Begünstigte Unternehmen im Sinne des Gesetzes sind Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute, Versicherungsunternehmen, Pensionsfonds, Kapitalanlagegesellschaften sowie Betreiber von Wertpapier- und Terminbörsen. Das insgesamt jetzt auf 500 Mrd. Euro bezifferte Bankenrettungspaket wurde am 28. Oktober 2008 von der EU-Kommission genehmigt.
Europäische Union
Die Europäische Union (Meldungen vom 16. Oktober 2008) fordert die Finanzaufsicht auf europäischer Ebene,die sie mit den Vertretern der Europäischen Zentralbank, Euro-Gruppe, EU-Kommission und EU-Präsidentschaft koordinieren will und beabsichtigt beim Treffen der 27 Staats- und Regierungschefs in Brüssel eine gemeinsame Sicherung zu installieren, um der Finanzkrise Herr zu werden.
Auswirkungen auf die Vermögenswerte
Die Unsicherheiten über Sicherheit des Finanzsystems und die sich verschlechternden Konjunkturerwartungen lösten eine Phase hoher Volatilität an den Börsenplätzen aus. Allein in der zweiten Oktoberwoche 2008 verloren die Leitindizes aller großen Börsenplätze zwischen 20 und 25 Prozent ihres Werts. Auch auf den Rohstoffmärkten kam es zu starken Preisrückgängen. Der US-Dollar gewann gegenüber anderen Währungen deutlich an Wert. Diese Effekte werden zum Teil auf bilanzverkürzende Maßnahmen seitens US-amerikanischer Finanzinstitute zurückgeführt.
Mögliche Auswirkungen auf die Realwirtschaft
In der zweiten Jahreshälfte 2008 hat sich die Finanzkrise zunehmend auf die Realwirtschaft ausgewirkt. Effekte waren zunächst in den USA, dann in Westeuropa sowie in Japan zu erkennen. Mehrere Wirtschaftsinstitute haben ihre Prognosezahlen nach unten korrigiert. Verstärkt wird die Entwicklung durch erhebliche Veränderungen der Wechselkurse. In Folge verzeichnen die Aktienkurse weltweit seit Oktober 2008 nach einem ersten Einbruch aufgrund der Finanzkrise einen zweiten starken Rückgang aus Angst vor zu befürchtenden Auswirkungen auf die Realwirtschaft. Die meisten Automobilhersteller in Europa haben bereits kurzfristige Produktionskürzungen beschlossen. Dauer und Intensität der Auswirkungen der Finanzkrise auf die weltweite Realwirtschaft lassen sich derzeit schwer einschätzen. Eine erste Einschätzung wurde am Institut für Weltwirtschaft aufgrund vorliegender Erfahrungen vorgenommen.
KorneliaKackstiefel - 30. Nov, 07:53